Ein Buch kommt ohne Schrift nicht aus, soviel steht schon mal fest. Aber welche Schrift wofür? Das ist oft eine große Frage.
Sie haben vielleicht schon mal davon gehört, dass man Bücher immer mit Serifenschriften setzen sollte. Wenn Sie außerdem wissen, was eine Serifenschrift ist, dann sind Sie ziemlich weit (abgesehen davon, dass die soeben erwähnte Regel, immer Serifenschriften zu nehmen, gar nicht so pauschal richtig ist).
Wir möchten Ihnen jetzt verschiedene Begriffe zum Thema Schriften vorstellen. Dann lässt es sich nachher leichter über die Schriften reden.
Darunter verstand man früher diejenigen Schriften, mit denen
die Setzer (und Drucker) ihr Brot
verdienten, also Schriften,
die für lange Texte (Mengensatz) verwendet wurden. Auch heute noch
können Sie Schriften, die Sie für Mengensatz benutzen wollen,
getrost als Brotschriften bezeichnen. Diese Schriften sollten sich vor
allem dadurch auszeichnen, dass sie in kleinen Schriftgrößen
(zwischen 8 pt und 12 pt) gut lesbar sind. Weiter sollten sie nicht zu
verspielt sein, damit das Auge beim Lesen nicht durch Besonderheiten
der Schrift vom Text abgelenkt wird.
Das sind Schriften, die Sie verwenden können, um einzelne Wörter oder Überschriften hervorzuheben (auszuzeichnen), Zitate vom eigentlichen Fließtext abzugrenzen oder Fremdwörter u.ä. zu markieren. Auszeichnungsschriften dürfen durchaus etwas auffälliger als Brotschriften sein. In unserem Zusammenhang, dem Setzen eines Buches, kommt es vor allem darauf an, dass die gewählte Auszeichnungsschrift gut mit der Brotschrift harmoniert. Daher sollte sie einen deutlichen Kontrast zur Brotschrift bilden.
Das sind alle Schriften, deren Buchstaben aus schlichten Linien gezeichnet sind und keine Serifen (kleine Verdickungen, Querstriche oder sonstige Hervorhebungen) an ihren Linienenden haben. Bekannte Vertreterinnen dieser Schriftart sind Helvetica, Triumvirate, Avant Garde, Grotesk, Franklin Gothic, Futura, Kabel, Arial.
Diese Schriften haben im Unterschied zu den vorgenannten Schriften diese Serifen. In kleinen Schriftgrößen wirken solche Schriften eher so, als ob die einzelnen Buchstaben wie bei einer geschriebenen Schrift verbunden sind. Das kann das Lesen erleichtern. Bekannte Vertreterinnen der Serifenschriften sind Times, Garamond, Bembo, Bookman, Caslon, Goudy, Korinna, Palatino.
Wenn Ihre Auftraggeberin oder Ihr Verlag Ihnen Schriftart und
Schriftgrößen vorgibt, können Sie sich jetzt zurücklehnen und
einfach brav übernehmen, was Ihnen vorgegeben wurde. Ansonsten
sollten Sie sich für das zu setzende Buch jetzt Gedanken machen, ob
Sie für die Brotschrift lieber eine Serifenschrift oder eine
serifenlose Schrift wählen wollen. Schauen Sie sich z.B. Bücher an,
die Sie gelesen haben und die Ihnen gefallen haben. Dabei bedeutet
gefallen
in diesem Zusammenhang, dass Sie die betreffenden
Bücher quasi in einem Rutsch gelesen und den Inhalt verschlungen
haben, ohne auch nur ein einziges Mal über die verwendete Schrift
nachzudenken. Diese Bücher haben perfekte Schriften in den perfekten
Schriftgrößen gewählt.
Hauptaufgabe der Schrift in einem Buch ist, den Inhalt zu vermitteln.
Es ist nicht Aufgabe der Schrift in einem Buch, sich in den Vordergrund zu drängen und eitel vom Inhalt abzulenken. Schrift, Schriftgröße, Satzspiegel, Seitenformat, Papier usw. – alle diese Faktoren sollen in einem Buch nur dazu dienen, den Inhalt zu vermitteln und dabei wie ein perfekter Kellner stets diskret im Hintergrund zu bleiben.
Die Brotschrift sollte einen guten Grauwert haben. Das bedeutet, dass eine volle Textseite in der gewählten Brotschrift eine harmonische graue Fläche ohne Löcher und Flecken zeigt, wenn man sie ausdruckt und mit ausgestrecktem Arm verkehrtherum vor sich hält. Lachen Sie ruhig. Tatsächlich können Sie so Brotschriften am besten beurteilen. Sie werden ggf. merken, dass die gleiche Schrift bei Verwendung unterschiedlicher Zeilenabstände ebenfalls deutliche Unterschiede in der Lesbarkeit zeigt.
Damit Sie die Qual der Wahl nicht verzweifeln lässt, schlage ich Ihnen für unsere weiteren Arbeiten auf dem Weg zum fertigen Buch jetzt einfach einmal ein paar Schriften vor.
Öffnen Sie bitte einmal den Textstil-Inspektor. Dort sehen Sie
zunächst mindestens einen Schriftstil namens Standard
. Machen
Sie bitte einen Doppelklick auf den Stilnamen. Anschließend sehen Sie
den Textstilparameter-Dialog, den Sie bitte so umstellen, dass der
Stil anschließend Brot 9
heißt, die Schrift Baskerville
Regular
mit 9 pt nutzt und sonst keinen der dort angebotenen
Schnickschnacks verwendet.
Kopieren Sie jetzt im Textstil-Inspektor den Textstil, indem
Sie im Aktion-Menü Textstil duplizieren
aufrufen, und nennen
Sie die Kopie Brot 9 kursiv
. Stellen Sie als einzige Änderung
den Schriftschnitt von Regular
auf Italic
um. Mehr
nicht!
Legen Sie jetzt einen dritten Textstil an und nennen Sie ihn
bitte Kapitel 1
. Wählen Sie als Schriftart Lucida Grande
Bold
und als Schriftgröße 13 pt.
Kopieren Sie den dritten Textstil zweimal und stellen Sie die
beiden Kopien so ein, dass Sie Kapitel 1.1
beziehungsweise
Kapitel 1.1.1
heißen und nur in der Schriftgröße von 13 pt
auf 11 pt beziehungsweise 9 pt verändert werden.
Sie haben jetzt die grundsätzlich im Buch benötigten Schriften
für den Fließtext (Brot 9
), für Hervorhebungen im Fließtext
(Brot 9 kursiv
) sowie für drei verschiedene
Kapitel-Hierarchiestufen (Kapitel 1
, Kapitel 1.1
und
Kapitel 1.1.1
) als Textstile vorbereitet. Falls Ihr Buch mehr
als drei Kapitel-Hierarchiestufen (Kapitel, Unterkapitel,
Unterunterkapitel, Unterunterunterkapitel ...) haben sollte, fügen
Sie noch einen Textstil Kapitel 1.1.1.1
hinzu und überlegen
Sie, wie Sie diesen Textstil gestalten möchten.
fett macht. In einem langen Text eines Buches aber würde das Fettmachen oder auch nur das Verwenden eines halbfetten Textstils den Grauwert der Buchseite stören. Daher ist es wesentlich ästhetischer, einzelne Wörter kursiv auszuzeichnen, auch wenn das für Sie auf den ersten Blick nicht wuchtig genug sein mag. Vertrauen Sie den Augen Ihrer Leserschaft. Wer Stunde um Stunde Seite für Seite Ihres Buches liest, wird jedes kursiv gedruckte Wort als solches sehen und – ohne dass der Lesefluss gestört würde – solche Wörter als wichtiger wahrnehmen. Mehr wäre hier zuviel. Bleiben Sie auch beim Auszeichnen von Wörtern dezent und sparsam. Verzichten Sie auf dreifache Rufzeichen, Unterstreichungen, Farbe und sonstige Attitüden, die nur Ihre Unsicherheit im Umgang mit Ihrem eigenen Text hervorheben würden. Lassen Sie den Text für sich sprechen. Ihre Leserinnen und Leser werden es Ihnen danken.